Autofahren in Asien – Bereit zum Abenteuer?
Ich habe viele Kunden in der Automobil-Industrie oder deren Zulieferern. Aber nicht nur hier finden sich autobegeisterte Menschen, die mich im Rahmen von Auslandsentsendungen oft fragen, wie das denn mit dem Autofahren zum Beispiel in den Megacities in China sei. Ob der deutsche Führerschein gelte? Deshalb heute ein paar Informationen rund um das Thema „Autofahren in Asien“.
Die schlechte Nachricht zuerst
Wenn Sie in einer Leitungsfunktion in Ihrer Firma in einem asiatischen Land tätig sind, haben Sie einen Chauffeur. Wenn Sie sich selbst ans Steuer setzen würden, würde das bei Ihren Mitarbeitern oder Geschäftspartnern höchste Verwunderung auslösen. Diese Information lässt vor allem meine Kunden bei den Automobilherstellern regelrecht erblassen. Bereits die Vorstellung, dass ihr edles Ross von einem asiatischen Fahrer traktiert werden soll, treibt ihnen die Schweißperlen auf die Stirn. Flehentlich fragen sie mich dann, ob sie sich wenigstens in ihrer Freizeit selbst ans Steuer setzen dürfen?
Sie dürfen.
Wenn Sie z.B. in Peking oder Jakarta unterwegs sind, ist es egal, wer dann im Stau steht.
Autofahren in Asien: Der tägliche Stau und seine Begleiterscheinungen
In Peking sind heute über 5 Millionen Fahrzeuge zugelassen. Dem stehen 800.000 Parkplätze in Wohngebieten zur Verfügung. Die Stadt scheint langsam am Verkehr zu ersticken. Vollgeparkte Gehsteige, ein ständiger Smog, ein lautes Hupkonzert. Wenn die Chinesen sich schon nicht fortbewegen können, dann wollen sie wenigstens die Hupe betätigen. 10.000 Mal soll eine Hupe während der Lebenszeit eines Autos in Europa bedient werden. In China geschieht dies 400.000 Mal. Und indische Autofahrer möchten hier sicher nicht zurück stehen.
Autofahren in Asien: Kampf gegen die PKW – Flut
Besonders in den chinesischen Großstädten versucht man gegen die PKW-Flut anzukämpfen. Bevor man ein Auto kaufen kann, muss man eine Zulassung haben. Diese Zulassung wird nur begrenzt vergeben und entweder versteigert oder verlost. Auch viele Ausländer stehen deshalb oft seit Jahren und ohne große Hoffnung auf einer Warteliste. Pro Monat vergibt man zum Beispiel in Peking 20.000 Fahrerlaubnisse. Dem stehen 1,68 Millionen Anträge gegenüber. Es gibt also viele Gründe, weshalb sich westliche Expatriates mit dem Taxi oder der U-Bahn (falls vorhanden) fortbewegen.
Ein Führerschein in China
Mittlerweile müssen Ausländer in China eine Führerscheinprüfung ablegen. Zum Lernen der Verkehrsregeln händigt man den Prüflingen ein Lehrbuch in ihrer Sprache aus. Kai Strittmacher, der SZ Korrespondent in Peking, berichtete in einem Artikel über seine Schwierigkeiten zu verstehen, was ihm der jeweilige Autor auf Deutsch sagen wollte: „Bei der Durchfahrt durch die Kreuzung und dem Linksabbiegen soll der Fahrer nicht durch die Kreuzung durchfahren und das Rechtsabbiegen machen. Er soll nochmals durch das Rechtsabbiegen das Linksabbiegen machen.“ Er mutmaßte, dass es wohl an seinen mangelnden Deutschkenntnissen gelegen haben müsse, weswegen er die erste schriftliche Prüfung nicht bestand…
Strafpunkte auch in China
Auch in China werden Verkehrsverstöße, wie das weit verbreitete Ignorieren von roten Ampeln oder Zebrastreifen, geahndet. Allerdings gibt es hier gravierende Unterschiede zum deutschen Prozedere. So berichtet Kai Strittmatter: „Bei zwölf Punkten ist der Führerschein weg, theoretisch. In der Praxis geht man zur Verkehrspolizei, legt den Fahrzeugschein hin, dann fragt einen der Beamte: ‚Und wer übernimmt jetzt die Punkte?‘. Dann zeigt man auf den Herrn neben sich, und wenn der schuldbewusst nickt und klaglos bezahlt, ist man sein Strafregister los: Die Punkte laufen aufs Fahrzeug, der Polizei ist egal, wer dafür seinen Kopf hinhält.“
Autoclubs haben daraus ein lukratives Geschäftsmodell entwickelt. Sie suchen Chinesen, die für etwa 12 Euro pro Punkt den Sündenbock spielen. Damit ist gewährleistet, dass die zahlungskräftigen Chinesen mit ihren großen Luxuskarossen weiterhin selbst hinter dem Steuer im Stau stehen dürfen.
Autofahren in Asien: Wunsch nach dem Automobil ungebrochen
Die beschriebenen Verhältnisse finden sich in allen asiatischen Großstädten mehr oder minder ausgeprägt. Eine Ausnahme bildet hier Singapur, wo strenge und teure Auflagen den Autoverkehr im Stadtstaat begrenzen. „Lieber im BMW weinen als auf den Fahrrad lachen“ sagt man hingegen in China. Und wenn man einen Pulk Zweiräder sieht, dann sind das meist motorisierte, wie das Bild hier aus Taipeh zeigt.
Der Verkehr wird eine Herausforderung bleiben
Ob in China oder in Indien: Hier wird schlicht die große Bevölkerungszahl dafür sorgen, dass die menschliche Mobilität ein zentrales Thema bleiben wird. Auch aus diesen Gründen hofft man in diesen Ländern auf eine schnelle Serienreife von Elektroautos oder insgesamt intelligente Mobilitätssysteme. Eine Herausforderung für unsere Ingenieure und damit eine Chance auch für zukünftige Exporte!
Ein Tipp zum Schluss
Möchten Sie wissen, warum zum Beispiel die Chinesen in der Öffentlichkeit oft so rücksichtslos sind? Eine Antwort finden Sie hier
Kommentare
Autofahren in Asien – Bereit zum Abenteuer? — Keine Kommentare
HTML tags allowed in your comment: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>