Warum Chinesen westliche Fußballvereine kaufen
Dass chinesische Investoren verstärkt deutsche und europäische Industrieunternehmen übernehmen, ist keine aufregende Neuigkeit mehr. Warum sich der fernöstliche Kaufrausch aber auch auf die Unterhaltungs- und Urlaubsbranche oder sogar auf Fußballvereine ausdehnt, erscheint auf den ersten Blick nicht erklärbar.
In diesem Beitrag finden Sie Hintergrundinformationen. Und die lassen sicher nicht nur Fußballfans staunen.
„China kauft Deutschland!“
So schlimm, wie in dieser Zeitungsüberschrift suggeriert, ist es (noch) nicht. Aber immer, wenn namhafte deutsche Unternehmen von chinesischen Investoren aufgekauft werden, fragen sich viele nach den Gründen und vor allem Auswirkungen dieser Übernahmen. Putzmeister (Betonpumpen), Kuka (Robotik, Anlagen- oder Systemtechnik) oder Krauss Maffei gingen in chinesischen Besitz über. Als nächste Übernahmekandidaten gelten Aixtron (Spezialmaschinenbau in der Nähe von Aachen) oder Osram. Das sind nur einige Beispiele.
Nutzen für chinesische Investoren
All diese Technologieführer bringen den neuen Eigentümern zunächst einmal viel Know-how. Dieses konnten die deutschen Unternehmen übrigens auch mit Hilfe staatlich bezuschusster Forschung aufbauen. Sie bieten hochqualifizierte Mitarbeiter und im Vertrieb den europäischen Marktzugang. Neben diesen bekannten Namen gibt es viele Übernahmen von kleinen und mittelständischen Firmen, die völlig unbeachtet von der Öffentlichkeit über die Bühne gehen.
Unterhaltung, Urlaub, Banken
Der chinesischen Beteiligungsgesellschaft Fosun gehört seit August 2016 nicht nur das traditionsreiche Bankhaus Hauck & Aufhäuser. Auch der Club Mediterranée, die Reisefirma Thomas Cook oder das Modeunternehmen Tom Tailor (30 Prozent Anteile) gehören in ihr Portfolio. Fosun-Chef Guo Guangchang ist einer der reichsten Männer der Welt. Laut Forbes hat er ein Vermögen von rund 6,9 Milliarden Dollar.
Waren Sie schon einmal im Cirque du Soleil? Voila, auch hier sind Chinesen die Eigentümer. Nach Schätzungen der Welt am Sonntag (13.9. 2016) hat China im Jahr 2016 mindestens 10 Milliarden € für Unternehmensaufkäufe im Westen ausgegeben.
Und warum Fußballvereine?
Wann immer europäische Erst-, Zweit- oder Drittligisten im Fußball schwächeln: Es streckt sich ihnen eine helfende Hand aus dem Reich der Mitte entgegen. Zu fast 100 Prozent gehört der AC Mailand den Chinesen, nachdem Berlusconi keine Freude mehr an dem Club hatte. Aber auch weniger bekannte Vereine wie Aston Villa in England oder der französische FC Sochaux-Montebillard kicken bereits für ihre chinesischen Geldgeber (siehe Grafik).
Die Fans der aufgekauften Vereine sind meist nur erleichtert und begeistert über den neuen Geldsegen. Der Kauf neuer Trainer und Spieler ist oft die letzte Rettung vor weiteren Abstiegen.
Softpower oder ruan shi li
Viele Chinaexperten verweisen darauf, dass die chinesischen Investitionen in den Unterhaltungs- oder Sportbereich von höchster Stelle gewollt und abgesegnet sind. Der Wunsch von Parteichef Xi Jinping ist es, mit diesem Engagement die „weiche Macht“ (ruan shi li) oder das Image Chinas im Westen zu verbessern. Die westlichen Medien sollen nicht mehr über Menschenrechtsverletzungen oder Internetzensur berichten.
Deshalb hat die politische Führung systematisch analysiert, was im kulturellen Bewusstsein der Europäer und Amerikaner zählt und womit man ein positives Bild Chinas fördern könnte. Zumindest in Europa steht der Fußball dabei ganz oben. Viele der Clubs brauchen Geld und stehen zum Verkauf. Und China will kaufen.
„Die Wiederbelebung des Fußballs ist die aufrichtige Hoffnung des Volkes“
Die chinesische Nationalmannschaft war bisher nicht sehr erfolgreich. Deshalb soll man sie nach Meinung von Xi Xingping international konkurrenzfähiger machen. Dies erfolgt auch über den Kauf von europäischen Spielern oder Trainern. 260 Millionen Euro hat man dafür schon ausgegeben. Der ambitionierte Stufenplan sieht so aus: China soll die Qualifikation zu einer Fußball-WM schaffen, die WM ins eigene Land holen. Und irgendwann Weltmeister werden.
Von China lernen heißt siegen lernen?
Die Vorgehensweise, die im Bereich der Soft-Power-Entwicklung zu beobachten ist, hat der wirtschaftliche Sektor vorgemacht. Die chinesische Volkswirtschaft ist heute die Nummer zwei in der Welt. Früh war man bereit zu lernen, was den Westen stark gemacht hat. „Geht in den Westen, holt ihr Wissen und schlagt sie mit ihren Waffen!“ riet die chinesische Staatsführung ihren Landsleuten in den 90er Jahren. Und das taten sie dann in Scharen.
Agieren westliche Unternehmen ebenso? Studieren sie die kulturellen oder strukturellen Eigenheiten Chinas, bevor sie dort auf den Markt gehen? Informieren sie sich darüber, was „im kulturellen Bewusstsein der Chinesen zählt?“ Leider zeigen viele gescheiterte Investitionen in eine andere Richtung. Dass man zum Beispiel auch im Marketing für die westlichen Produkte oft kräftig daneben greift, zeigte Ihnen Dr. Dr. Tank in diesem früheren Newsletter.
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