Warum ein Perspektivenwechsel oft hilfreich ist
Den Blickwinkel auf eine Sache zu verändern, bringt meist neue Erkenntnisse. Die Fähigkeit zur Veränderung der Perspektive oder ein „taking-the-role-of-another“ ist zudem in der interkulturellen Arbeit eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg. Deshalb möchte ich mit Ihnen in diesem Beitrag ein paar Perspektivenwechsel vornehmen. Und Ihre Lachmuskeln werden dabei auch zum Einsatz kommen.
In diesem Blogbeitrag habe ich auf die folgenreiche Mischung von kommunistischer Herrschaft und marktwirtschaftlichen Strukturen in China hingewiesen. Ich erlebte ein reges Echo auf dieses Thema. Der Inhalt wurde sogar in andere Newsletter oder Firmenzeitungen übernommen. Zudem erhielt ich einige Rückmeldungen, die ich mit Ihnen teilen möchte.
Perspektiven schaffen Ein-Sichten
Wenn Menschen unterschiedliche Meinungen haben, stellen wir im Westen schnell die Frage, wer denn Recht habe. Das ist in asiatischen Philosophien wie dem Buddhismus oder Hinduismus ganz anders.
„Es gibt deine Wahrheit, es gibt meine Wahrheit und es gibt eine Wahrheit, die wir beide nicht kennen“, heißt es im meinungs-toleranten Buddhismus. Es gäbe nur eine falsche Sicht: „Die Überzeugung, meine Sicht ist die einzig richtige.“
Auch Konrad Adenauer wusste: „Wir leben alle unter dem gleichen Himmel. Aber wir haben nicht den gleichen Horizont“.
Begriffe haben unterschiedliche Bedeutung
Unser westliches Verständnis von politischer Freiheit und Menschenrechten teilen viele Menschen in China nicht. „Menschenrechte sind auch das Recht auf eine Arbeitsstelle, auf Gesundheit, auf saubere Luft und sauberes Wasser“, schrieb mir ein chinesischer Leser.
Der Wissenschaftler Kishore Mahbubani aus Singapur sagt: „Die grundlegende Schicht der menschlichen Freiheit ist die Freiheit von Not“ (S. 149). Die Freiheit der Berufswahl und eine hohe Sicherheit seien ebenfalls essentiell.
Auf die Kritik westlicher Medien an Pressezensur und Verfolgung politisch Andersdenkender antworten Chinesen deshalb oft mit dem Hinweis, dass es das große Verdienst ihrer Regierung sei, die materielle Situation von 1,3 Milliarden Menschen innerhalb der letzten 40 Jahre enorm verbessert zu haben. Und auch der Umweltschutz erhalte zunehmend Bedeutung und Aufmerksamkeit.
Was ist Freiheit?
„Freiheit“ versteht man in vielen asiatischen Ländern zudem eher im negativen Sinn von „sich Freiheiten nehmen“. Sprich: eigensüchtig und egozentrisch zu denken und zu handeln.
Was ist ein Individuum?
Auch das im Westen so hoch geschätzte Individuum stößt in Asien auf Skepsis. Häufig übersetzt man das Wort mit „einsamer Wolf“. Wir alle wissen, dass ein einsamer Wolf sterben wird, da er ein Rudeltier ist. Und so sieht man uns oft aus asiatischer Perspektive. Man versteht nicht, was so toll daran sein soll, wenn wir gerne alleine sind, „zu uns finden“ wollen oder eigene Wege gehen.
Ein chinesischer Teilnehmer in einer Firmenveranstaltung interpretierte Individualismus folgendermaßen: „Wir sind schon sehr individuell in China! Wir können uns jede Jeansmarke kaufen.“
Freiheiten in China- hätten Sie’s gewusst?
Ein weiterer Leser wies mich etwas augenzwinkernd darauf hin, dass man in China viele Dinge tun könne, die bei uns nicht möglich wären. Er bezog sich dabei auf die Kolumnen des Journalisten Kai Strittmatter, die man jeden Samstag in der Süddeutschen Zeitung findet.
In China könne man
– rückwärts durch die Straßen laufen, ohne dass nur einer den Kopf nach einem umdrehe
– aus vollem Hals singen, während man sein E-Bike durch die Fußgängerzone steuere
– Strafpunkte aus dem Straßenverkehr auf einen Kumpel überschreiben lassen
– Jemandem bei der Begrüßung strahlend bestätigen „Du bist aber dick geworden!“ und als Antwort hören „Und du erst!“
– einen Fremden gleich nach der Begrüßung nach seiner Blutgruppe und seinem Monatsgehalt fragen
– den „Rauchen-verboten!“- Ständer im Restaurant als Aschenbecher benutzen.
Was hat das Ganze nun mit dem Geschäftsleben zu tun?
Auch hier können wir nicht selbstverständlich davon ausgehen, dass unsere asiatischen Geschäftspartner das Gleiche wie wir unter bestimmten Aussagen verstehen.
Was bedeutet ein „ja“ in den Verhandlungen? Welche Verbindlichkeit hat ein Vertrag? Sind unsere asiatischen Mitarbeiter glücklich, wenn wir sie selbständig arbeiten lassen?
Und ebenfalls wichtig: Sind die westlichen Mitarbeiter überhaupt fähig und willens, andere Wahrheiten zu akzeptieren?
Meinen Rat kennen Sie: Bereiten Sie sich gut auf die „asiatischen Perspektiven“ auch im Geschäftsleben vor! Denn nur, wer die Spielregeln kennt, ist ein ebenbürtiger Partner.
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